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"Ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk"

Harald Reiner ist seit 24 Jahren Feuerwehrmann. Viel hat er schon gesehen und erlebt. Doch der Brand am Donnerstagabend in der Zwiefalter Straße war auch für ihn und seinen Kameraden Michael Schneck etwas Außergewöhnliches. Die beiden haben den 34-Jährigen bewusstlos im Bad gefunden und damit vor dem sicheren Tod gerettet. Dass sie ihn lebend aus der brennenden Wohnung holen konnten, sei für ihn und die ganze Feuerwehr „wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk“, sagt Harald Reiner.

Die Feuerwehrmänner Harald Reiner (li) und Michael Schneck haben aus diesem Haus einen schwerverletzten Mann aus einer brennenden Wohnung gerettet. Foto: Thomas Warnack

Harald Reiner war gerade mit seinen Kindern dabei den Christbaum zu schmücken, als der Alarm kam. Brand in der Zwiefalter Straße. Schnell zum Feuerwehrhaus, rein ins Einsatzfahrzeug, wo sich die Atemschutzträger so schnell als möglich umziehen mussten. Denn der Brandort lag nur wenige Meter vom Feuerwehrhaus entfernt. „Der Zeitdruck und die Anspannung waren schon groß“, erzählt Reiner. Am Einsatzort angekommen werden er und Schneck als erster Trupp mit Atemschutz ins Haus geschickt. Der Auftrag lautete: Menschenrettung. Zu diesem Zeitpunkt war nichts über den Verbleibt des Bewohners der brennenden Wohnung bekannt. Das sei nichts Ungewöhnliches, erzählt Reiner. Oft genug sei nicht ganz klar, wo sich die Bewohner befinden. Doch bislang, so der Feuerwehrmann, hat er noch bei keinem Einsatz

Dies sollte bei diesem Einsatz anders sein. In ihrer schweren Atemschutzausrüstung, die rund 15 bis 20 Kilogramm wiegt, Wärmebildkamera und Strahlrohr, ging es in den zweiten Stock. Die Wohnung war schon voller Rauch. Viel war nicht zu sehen, berichtet der Feuerwehrmann. Dank der Wärmebildkamera war der Brandort offensichtlich. Doch sie mussten sich auch noch auf die Suche nach Bewohnern machen. In der Hocke, im Zweifelsfall auf allen Vieren tastet man sich im Rauch durch das Haus. Als Harald Reiner die Tür zum Badezimmer aufmacht, signalisiert seine Wärmebildkamera sogleich: Dort liegt jemand. „Das war schon ein Schock“, sagt er, dass er tatsächlich jemand findet – trotz aller Routine, trotz der Ausbildung. Ohne Kamera hätte er ihn wohl nicht so schnell entdeckt, denn der Mann war zum Rauch auch noch dunkel gekleidet.

Schnell erfolgte die Rückmeldung an den Einsatzleiter, dass eine Person gefunden wurde. Von dort wurde ihnen ein weiterer Trupp entgegengeschickt. Zu Viert haben sie den Mann nach unten gebracht, wo er den Rettungskräften übergeben wurde, die ihn reanimieren mussten. Hernach wurde er ins Krankenhaus gebracht. Der Mann schwebt immer noch in Lebensgefahr, so die Polizei. Dabei hat er großes Glück gehabt, weil die Einsatzstelle direkt neben der Feuerwache ist. Ein oder zwei Minuten später, hätte für den 34-jährigen schon zu spät sein können.

Für Harald Reiner war dies ein besonderer Einsatz. In 24 Jahren als Feuerwehrmann hat er keinen Menschen aus einer solchen Situation geholt. Natürlich empfinde man da ein Glücksgefühl und eine Befriedigung als Helfer, sagt Reiner. Nicht nur er persönlich, sondern die ganze Feuerwehr. „Das hat nur funktioniert, weil das ganze Team zusammengearbeitet hat.“

Auch für die Wehr ist eine Menschenrettung aus einem Brand eher ungewöhnlich. Das letzte Mal war dies 2011 beim Brand im Konrad-Manopp-Stift der Fall, sagt Stadtbrandmeister Stefan Kuc. Wenn der Auftrag Menschenrettung laute, sei die Anspannung nochmals höher als bei der Brandbekämpfung, sagt Kuc.

Solche Einsätze hinterlassen Spuren. „Man macht sich hinterher schon seine Gedanken, ist schon aufgekratzt“, sagt Reiner. Die Gedanken kehren immer wieder zu dem Geretteten zurück. Am Brandabend kam noch der Notarzt vorbei und hat noch kurz erzählt, wie es weiterging. „Ich hoffe, dass er überlebt“, sagt Reiner. Das wäre eine frohe Botschaft zu Weihnachten.

So äußert sich die Stadt

Auch die Stadt Riedlingen bescheinigt den Rettungskräften, einen guten Job gemacht zu haben. „Es hätte weitaus schlimmer kommen können“, urteilte Ordnungsamtsleiterin Tanja Bloching nach dem Einsatz. „Das Feuer hat sich auf eine Wohnung beschränkt und die Feuerwehr mit ihrem raschen Eingreifen verhindert, dass es sich weiter ausbreitet.“ In dem Gebäude befinden sich insgesamt vier sogenannte Nutzungseinheiten, die sich mehrere Bewohner teilen. Da nur die Wohnung des 34-Jährigen durch den Brand in Mitleidenschaft gezogen worden sei, könnten die anderen Bewohner in der Unterkunft bleiben. 
„Ich bin froh, dass die Einsatzkräfte so zügig das Feuer unter Kontrolle hatten“, schloss sich Bürgermeisterstellvertreter Manfred Birkle (CDU) an, der sich in Vertretung von Marcus Schafft am Donnerstagabend einen Überblick am Einsatzort verschaffte. „Ich denke, wir sind mit einem großen Schrecken davon gekommen.“
Bericht: Schwäbische Zeitung
zum Einsatzbericht "Wohnungsbrand in Riedlingen" vom 22.12.2016