Feuerwehr ist Familiensache
17.01.2018
Drei Generationen sind gemeinsam bei der Riedlinger Wehr im Einsatz – Ein Novum. Schon als Kind war Stefanie Höhn Feuer und Flamme für die Feuerwehr. Diese Leidenschaft ist nicht abgekühlt. Inzwischen ist die 18-Jährige aktive Feuerwehrfrau und fährt auf Einsätze. Doch nicht allein. Auch ihr Vater Stefan Höhn und ihr Großvater Rudolf Kleinknecht sind aktive Feuerwehrmänner, so dass drei Generationen der Familie zusammen im Einsatz sind. Feuerwehr ist dort Familiensache.
Stefanie und ihre jüngere Schwester Sabine sind mit der Feuerwehr groß geworden. Der Vater ist Feuerwehrmann, der Großvater ebenso und auch der Onkel. Und als Familie waren sie bei jedem Feuerwehrfest. Feuerwehr war schon immer ein Teil des Familienlebens. Kein Wunder, dass die beiden Schwestern als Kinder dies in ihr Spiel einbauten: „Wir haben Einsatz gespielt“, sagt Sabine – mit kleinen Helmen und einem Teddy, der den Verletzten mimte. Selbst das erste Bobbycar war rot.
Inzwischen fährt die 18-Jährige nicht mehr auf dem roten Bobbycar, sondern im roten Löschfahrzeug mit. Als eine von vier aktiven Feuerwehrfrauen in der Abteilung Riedlingen. Ihr erster Einsatzalarm war am 6. November 2017 um 19.57 Uhr. Durch angebranntes Essen hat in Neufra ein Rauchwarnmelder angeschlagen. Ein relativ unspektakulärer Einsatz, dennoch „ich war schon angespannt“, sagt sie. Doch sie war ja nicht allein: Ihr Vater saß ihr gegenüber, ihr Opa war mit im Trupp. Damit war es auch der erste Einsatz, bei dem alle drei Generationen an Bord waren. „Höhn/Kleinknechts auf Familienfahrt“, sagt sie etwas spaßig. Damit stammen gleichzeitig das jüngste und das älteste Einsatzmitglied der Abteilung aus einer Familie. Der 61-jährige Rudolf Kleinknecht ist seit 1974 dabei. Wohl über 1500 Einsätze hat Kleinknecht in diesen 43 Jahren für die Feuerwehr absolviert. Schlimme Brände hat er erlebt, wie das Feuer im Schredderwerk in Herbertingen oder der Vollbrand eines Tanklastzugs in Unlingen Mitte der 70er-Jahre. Dazu unzählige Einsätze zu Unfällen oder anderen Rettungsaktionen. Und noch immer ist er am Start, wenn der Piepser einen Einsatz ankündigt. Dass er nun gemeinsam mit Enkelin und Schwiegersohn im Fahrzeug sitzt, ist auch für ihn etwas Besonderes. „Das ist einmalig im Landkreis“, ist Kleinknecht überzeugt. Und er ist auch ein bisschen stolz darauf. Dabei ist die Feuerwehrfamilie damit längst noch nicht komplett. Denn nicht nur seine Tochter Sonja hat mit Stefan Höhn einen Feuerwehrmann geheiratet, sondern auch der Ehemann von Tochter Heike, Markus Steinhardt, ist in der Feuerwehr. Und mit der 14-jährigen Sabine Höhn und der 16-jährigen Bianca Steinhardt sind zwei weitere Familienmitglieder auf dem besten Weg, ebenfalls in die Feuerwehrstapfen zu treten: Beide sind in der Jugendfeuerwehr aktiv.
Verschiedene Generationen in einer Wehr – für Stefanie ist es kein Problem. „Bei der Feuerwehr kann jeder mit jedem reden“, sagt sie. Allerdings sind die Hierarchien im Dienst geklärt. Auch unter Familienmitgliedern. „Dem Gruppenführer Stefan Höhn darf ich nicht widersprechen“, sagt Stefanie, „dem Vater schon.“ Auch Stefan Höhn ist bereits früh mit dem Feuerwehr-Virus infiziert worden. In seinem Heimatort Jena ist er in die freiwillige Feuerwehr eingetreten, eine kleine Abteilung in der Berufsfeuerwehr. Nach seinem Umzug nach Riedlingen hat er sein Hobby in der hiesigen Wehr fortgesetzt. Dass seine Töchter diese Leidenschaft teilen, hat Stefan Höhn nicht „geplant“. Aber er findet es gut, weil „sie selbst eine Freude daran haben“. Über die Jugendfeuerwehr wurden und werden sie langsam an die Aufgaben herangeführt und wachsen in die Gesamtwehr hinein. Aber Feuerwehr sei eben nicht nur ein normaler Verein, sagt Stefanie Höhn, sondern das sei „Teil von ’was Größerem, das ist wie eine Familie“.
Doch die Einsätze sind ja nicht immer nur aufregend. Oft genug sind sie erschreckend und belastend. Das wissen Rudolf Kleinknecht und Stefan Höhn nur zu gut. Sie haben das Schlimmste erlebt, was einem Feuerwehrmitglied passieren kann – dass sie bei einem Einsatz auf Familienangehörige treffen. Es war im Februar 1998, als die Riedlinger Wehr zu einem Unfall bei Uttenweiler gerufen wurde. Rudolf Kleinknecht war im ersten Fahrzeug. Stefan Höhn war im Gerätehaus. Und er hatte ein schlechtes Gefühl, weil seine Freundin Sonja von Biberach auf der Rückfahrt war. Im Funk war es auf einmal ganz still. Und sein Gefühl sollte ihn nicht trügen, seine spätere Frau war bei dem Unfall von der Straße abgekommen und schwer verletzt worden. Und einer der ersten am Einsatzort war ihr Vater, der sie aus dem Auto gezogen hat. „Das war mein belastendster Einsatz“, sagt er. Und es ist zu spüren, dass es ihm heute noch nahe geht.
Stefanie Höhn, ihr Vater und ihr Großvater wissen, dass belastende Einsätze immer wieder möglich sind. Und auch gefährliche Einsätze. Doch Angst um seine Tochter hat er nicht, sagt der 42-Jährige, denn: „Ich weiß, ja wie sie ausgebildet wurde.“ Und alle anderen Begleitumstände, kennt die 18-Jährige ja ebenfalls ganz gut. Dass sie mitten in der Nacht für einen Einsatz aufstehen muss; dass auch bei Feiern der Piepser diese jäh beenden. Sogar bei Hochzeiten kann dies passieren. So wie Rudolf Kleinknecht selbst. Am Tag seiner kirchlichen Trauung ging um 7 Uhr der Alarm runter. Und was hat Kleinknecht gemacht? „Ich bin gegangen“, sagt er. Aber zur Hochzeit war er dann wieder zurück. Familie und Feuerwehr – das gehört scheinbar irgendwie zusammen.Bericht: Schwäbische Zeitung / Bruno Jungwirth