Ausstellungseröffnung "Vereine im 19. Jahrhundert"
31.03.2017
Nahezu 200 Gäste haben am Freitag einen rundum gelungenen Abend erlebt: Auf Einladung des Altertumsvereins Riedlingen 1851 nützten weitere sechs Vereine die Gelegenheit, sich, ihre Geschichte, ihre Besonderheiten zu präsentieren – als Auftakt zur Wechselausstellung 2017 im Museum Schöne Stiege. „Feiern Sie mit uns!“, war die Einladung überschrieben. In der Kundenhalle der Kreissparkasse beteiligten sich die Bürgerwehr, die Feuerwehr, der Liederkranz, die Schützengilde, die Stadtmusik, der Turn- und Sportverein mit passenden Darbietungen und den Reden der Vorsitzenden. Bis zum 3. Dezember kann die Ausstellung besucht werden.
Gekommen waren zur Eröffnung Aktive und Fans, Ehemalige und Gäste. Die Akteure erschienen passend gekleidet: der Liederkranz in Schwarz und Weiß, die Turner ebenso; bei den Uniformen herrschten Blau und Grau vor. Den farbigsten Hintergrund ergaben die Mannen – mit einer Frau als Tambourmajorin – der Bürgerwehr: Blau und Rot mit rot-weißen Federbuschen als Kopfbedeckung.
Abwechslungsreich und lehrreich, amüsant und erbaulich, pfiffig und schwungvoll waren die Präsentationen. Den Auftakt machten die Turnflöhe des TSV. Vor den Zuschauerreihen war eine lange Mattenbahn ausgelegt. Zum Marsch der „Alten Kameraden“ erschienen die acht- bis elf-jährigen Mädchen in weißen T-Shirts über den schwarzen Gymnastikhosen. Mit Rumpfbeugen und Ausfallschritten führten sie dazu die uralten Gymnastikübungen vor – und mussten unter viel Gekicher hin und wieder die aufgeklebten Schnurrbärte festdrücken. Musikwechsel und rasante Übungsreihen: Rollen, Handstände, Räder, Flickflacks, Überschläge in rascher Folge. Viel Applaus verabschiedete die kleinen Akrobatinnen.
Als Veranstalter gebührte dem Altertumsverein und hier seinem Vorsitzenden Winfried Aßfalg das erste Wort in der Reihe der Vereine, die alle im 19. Jahrhundert gegründet worden waren. Nach seiner kurzen Vorstellung der sechs in der Ausstellung vertretenen Vereine mit Zitaten aus den Archiven und der damaligen Riedlinger Zeitung wies Aßfalg auf ein Problem hin: Die Aufbewahrung der Archivalien. Sie seien „lokalgeschichtliche Kostbarkeiten“, die – wie er aus eigener Anschauung wisse – „von Mäusen besucht“ wären. Ein Stadtarchiv könnte da Abhilfe schaffen, lautete sein Vorschlag.
Peter Bucher als Hauptmann der Bürgerwehr verwies auf seinen Verein als „eine der ältesten Institutionen der Geschichte der Stadt“. Nur zu feierlichen Anlässen und nur zu Repräsentationen traten die Mitglieder damals auf. Das änderte sich zur Revolutionszeit 1848/49: Die Bürgerwehr wurde zur Verteidigung der Stadt aufgestellt. Da im Rathaus immer noch etliche Musketen aufbewahrt wurden, war um das Jahr 2000 der Gedanke einer Neugründung der Bürgerwehr entstanden. Seit 2004 gebe es die Bürgerwehr in der jetzigen Form, seit 2008 eine Vereinsstandarte. Neben den Vereinsaktivitäten nannte Bucher Zahlen: 27 aktive und 36 passive Mitglieder.
Stadtbrandmeister Stefan Kuc beschrieb in seinem Rückblick Einsätze der Feuerwehr von damals und heute. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts hätten sich Feuerwehren organisiert, gegenüber dem unkoordinierten Löschen mit Kübeln davor. 1860 sei in der Riedlinger Zeitung auf die Gründung einer Feuerwehr verwiesen worden. Nur für Männer. Heute seien von 109 Angehörigen der Feuerwehr fünf Frauen und sechs Mädchen. 145 Einsätze hätten sie im vergangenen Jahr bestritten – von Großbränden bis Tierrettungen. In 150 Jahren gleich geblieben sei, dass Menschen gebraucht würden, die freiwillig bereit seien, sich zum Wohle der Mitbürger einzusetzen, in einem „nicht immer einfachen und ungefährlichen Dienst“.
Einen besonderen Auftritt hatte der Liederkranz mit seiner Vorsitzenden Corona Kübler vorbereitet. Acht Männer des heutigen Liederkranzes hatten ein Lied aus der Gründungszeit 1836 gesucht, gefunden, einstudiert: „Wer der Mädchen Schwüre traut, hat auf Luft und Sand gebaut.“ Erst 1892 habe es in Riedlingen einen gemischten Chor gegeben und als solcher sangen vier Männer und vier Frauen „Das Lieben bringt groß Freud“. Zum Amüsement des Publikums war es in Teilen auf die heutige Zeit umgedichtet worden in „Ihr Lover will ich sein“.
Für die Schützengilde ging ihr Vorsitzender Claus Hugger in einem Rückblick auf die Geschichte und die unterschiedlichen Gegebenheiten seines Vereins ein. Neben ihm stand ein Schütze, ausgestattet wie im 19. Jahrhundert mit schwarzem Frack, Zylinder und passendem Gewehr. Hugger beschrieb die Sicherheit, die Disziplin und die exakte Überprüfung der Schützen von heute und verabschiedete sich mit einem dreifachen Schützengruß „Gut Schuss“.
Die Stadtmusik mit ihrem Vorsitzenden Jürgen Berger umrahmte dessen Vortrag mit jeweils einem typischen Blasmusikstück mit zwei Klarinetten und einem Tenorhorn. Berger zitierte und erzählte Wissenswertes und auch lustige Episoden aus der langen Geschichte der Stadtmusik. Berger schloss mit der Aufzählung der Punkte, die die Stadtkapelle unternimmt, um nicht in eine „blasmusiklose Zeit“ zu gehen – von den Kindergärten bis zur Erwachsenenbildung.
„I ben der Letzte – das heißt aber nicht, dass wir der mindeste Verein sind“, begann Klaus Gegier, erster Vorsitzender des TSV, seinen Vortrag und ging ein auf die unterschiedlichen Namen des 1848 gegründeten Vereins bis zum heutigen TSV mit 1100 Mitgliedern in zwölf Abteilungen, in drei Turnhallen und „momentan noch einer Badewanne“. Er erinnerte an einige Deutsche Meister aus dem Verein, in unterschiedlichen Disziplinen – von Bernd Steidle bis Thorsten Banzhaf.
Homepage Museum Riedlingen
Die Wechselausstellung 2017 im Museum Schöne Stiege in Riedlingen ist den Vereinen im 19. Jahrhundert gewidmet. Bis zum 3. Dezember ist das Museum geöffnet Freitag und Samstag von 15 bis 17 Uhr und Sonntag von 14 bis 17 Uhr – auch am Ostermontag und Pfingstmontag. Am Flohmarktsamstag ist es geschlossen.
Bericht: Eva Winkhart / Schwäbische Zeitung